Nimm dir was weg und gewinne!

Wie du (neue Fähigkeiten) gewinnst, wenn du dir etwas wegnimmst!

Bestimmt hast du schon davon gehört, dass Menschen, die mit einer Einschränkung leben müssen, auf anderen Gebieten ganz besondere Fähigkeiten entwickelt haben. So gibt es beispielsweise blinde Menschen, die besonders gut hören und fühlen können. (Die peinliche Geschichte, wie mir eine blinde Kollegin einmal erklärt hat, wo wir gerade sind und wie wir zum Seminarraum finden, erzähl ich dir ein andermal.) Durch das Fehlen einer Fähigkeit entsteht woanders ein riesiger Gewinn. Also: wie du gewinnst, wenn du dir etwas wegnimmst – meine selbst erlebte Geschichte.

Vor einiger Zeit durfte ich an einer Gala teilnehmen, bei der ein querschnittgelähmter Mann begonnen hat, Berg zu steigen und jetzt anderen Menschen zeigt, wie sie trotz der Lähmung gehen können. Ja, ich hab mich nicht verschrieben. Kannst du nachlesen, er heißt Markus Holubek. Oder die Sängerin, die taub ist und astrein intoniert und sogar bei einem Wettbewerb mitgemacht hat – sensationell! Auch ihre Story ist berührend, sie heißt Mandy Harvey.

Meine neue Schule: Zwei Wochen ohne rechten Arm – Leben 2.0 gewinnen.

Nachdem mir selbst vor einigen Tagen ein Eingriff an meinem rechten Oberarm dazu verhalf, die Erfahrung zu machen, dass jetzt kurzzeitig nicht alles so geht, wie sonst, hab ich mir das natürlich genau angesehen und überlegt, wie wir gemeinsam davon profitieren können.

Immer wenn dein Körper nicht so funktioniert, wie du es gewohnt bist, gibt dein Hirn was Neues frei!

Neuroplastizität heißt das Zauberwort, mit dem Dinge passieren, die wir erlangen, weil unser Gehirn einfach die Fähigkeit hat, sich neu zu strukturieren. Klartext: wenn etwas nicht mehr funktioniert, wird ein anderer Teil im Gehirn aktiv und ersetzt den ursprünglichen Teil. Das führt zu den Fragen:

  • Kannst du Neuroplastizität üben?
  • Kannst du Neues trainieren – einfach so, um ein paar Erleichterungen zu haben?
  • Kann Neuroplastizität dich und dein Business voranbringen?

Die Antwort lautet: ja! Und es ist einfacher als gedacht.

Ich nutze hauptsächlich meinen rechten Arm bzw. die rechte Hand, um zu schreiben, genau zu schneiden, Dinge zu tun, die Kraft und/oder Feinmotorik erfordern. Die rechte Hand ist meine „starke“ Hand. Der rechte Arm ist jener, den ich bei sehr vielen Tätigkeiten ganz selbstverständlich einsetze. Genau dieser Arm ist vorübergehend außer Betrieb gesetzt.

Erste Erkenntnis: nichts im Körper funktioniert isoliert, alleine! Nichts im Gehirn funktioniert alleine!

Hast du eine Ahnung, bei wie vielen Bewegungen der rechte Arm eine Rolle spielt? Mir war absolut nicht bewusst, dass zum Beispiel beim Aufstehen von einem Stuhl nicht nur die Rückenmuskulatur, sondern auch die Arme mit im Spiel sind. Selbst wenn du den linken Arm hebst, ist im rechten Arm eine Aktivität spürbar. Spannend!

Was das Gehirn betrifft: versuche einmal, nur an EINE einzige Sache zu denken, und bei diesem Gedanken zu bleiben. Lustig oder, was da alles plötzlich in deiner Denkfabrik passiert. Tausend kleine und große Ideen wollen plötzlich auch erkannt werden.

Zweite Erkenntnis: je genauer du weißt, wie etwas funktioniert, desto schneller lernst du es neu!

Mein rechter Arm hat mir gerade ein paar fantastische Gelegenheiten zugespielt:

Muss ich alles wie immer erledigen? Muss alles mit den Bewegungen geschehen, wie bisher? Was, wenn ich umstelle?

Ich bin ein Fan von Bewegungen. Solche im Gehirn und solche, die klare Folgen, also Ergebnisse nach sich ziehen. Deshalb gibt es auch kein Mentaltraining ohne Aktivität, also nur im Kopfkino. Das würde nur dazu führen, dass du coole, tolle, großartige… Bilder im Geist siehst, im wahren Leben allerdings keine Resultate erzielst.

Nun, so eine Umstellung ist gar nicht so einfach. Da ist einmal der Anspruch an die ideale Ausführung, das Tempo, die Ergebnisse. Rasch stellt sich ein innerer Dialog ein, der so ziemlich unbrauchbar für jede Art von Erfolg ist. Du kennst das sicher: putze dir mit der anderen Hand als der, die du gewohnt bist, deine Zähne… Nicht nur, dass die Bewegungen ziemlich eckig sind, das Ergebnis rund um deinen Mund ist bei den ersten Malen – naja, sagen wir mal so: du wirst um Jahre zurückversetzt und bist froh, dass du dir die Maskerade diesmal selbst aus dem Gesicht wäscht 🙂

Der rechte Arm darf nicht, also muss der linke Arm herhalten. Schreiben – geht so, sieht aus wie das Gekritzle meines Sohnes in der Grundschule. Egal, das zeig ich eh nicht her. Und falls jemand in meinen Kalender sieht… schnell ein Post-it darüber. So sind wir. So bin ich. (Falls du auch so bist, lies weiter hier!) Dabei bemerke ich, dass ich am Tag 3 tatsächlich schon brauchbare, also lesbare Worte produziere. Das mit dem Zähneputzen erwähne ich nur nebenbei, ist ja selbstverständlich, so etwas Einfaches rasch zu beherrschen!!! Also schreiben, ja das ist die Herausforderung. Und es wird: besser! Mit jedem Wort entspannt sich meine linke Schulter mehr und mehr, die Buchstaben kommen immer schneller – ich weiß ja, wie die aussehen sollen.

Warum sind wir bei Kindern tolerant und bei uns selbst unangenehm intolerant?

Wenn Kinder etwas lernen – fast egal, was – haben wir Erwachsene Geduld, guten Zuspruch und kreative Unterstützungen parat.

Wenn wir Erwachsenen etwas neu lernen – fast egal, was – sind wir hauptsächlich ungeduldig, nörgeln wegen perfekter Ergebnisse herum und dröseln gerne alleine herum, damit ja niemand bemerkt, dass wir noch nicht so gut sind, wie es andere bereits sind. Na? Erkennst du dich?

Dabei ist jedes neue Lernen so viel Chance, bei dem, was du bisher gemacht hast, noch besser zu werden!

Dritte Erkenntnis: Freude ist ein echter Booster!

Ich schreibe also langsam ganz passabel. Freut mich, wenn ich genau hinspüre. Und über diese Freude freue ich mich auch wieder. Aber nein, nur nicht abheben, mit links bin ich noch bei vielen Dingen super tollpatschig. Ja, genau so spielt es sich gerade bei mir ab. Was tue ich? Mit nörgeln und mich selbst piesacken verderbe ich mir gerade meine feine Freude. Und schon sind die Buchstaben wieder wackelig, eckig. Mist! Also: wie beim feinen Training und beim Lernen mit Kindern (ich bin ja auch eines…) darf ich geduldig sein, mich loben und vor allem: mich freuen!

Freude lässt dich dein Leben leichter (er-)leben!

Neues Lernen durch neue Herausforderungen – dein Hirn 2.0 Test!

Jetzt wird´s für dich spannend. Wenn du schon länger meine Beiträge liest, weißt du, dass alles, was das Gehirn und dich voranbringt, ausprobiert wird. Und hier kommt mein Vorschlag für dich:

Nimm ein Gummiband oder Klebeband und verbinde dir mindestens zwei, besser vier Finger deiner Hand (egal, ob die starke oder nicht-starke Hand). Und jetzt mach einen halben Tag lang genau so deine übliche Arbeit. Mit verbundenen Fingern. Je mehr Finger du zusammenbindest und dich damit weiter einschränkst, desto deutlicher spürst du danach die Verbesserung. Du wirst merken: Händewaschen mit verbundenen Fingern… gar nicht so einfach.

Feinmotorische Dinge, wie Blogbeitrag schreiben… gar nicht so einfach.

Schuhe binden oder Reißverschluss schließen/öffnen mit verbundenen Fingern… gar nicht so einfach.

Du merkst: jetzt brauchst du Hilfe. Und dein Gehirn stellt diese bereit – liefert ohne Umschweife Ersatz. Je genauer du weißt, was zu tun ist und wie das Ergebnis aussehen soll, desto schneller und präziser kommt der Ersatz. Einzige Bedingung, die du brauchst, um möglichst rasch und gut zu funktionieren: du darfst, nein, du sollst dich freuen!

Am besten, du machst richtige Luftsprünge, wenn dir etwas richtig gut gelingt. Das spornt dein Hirn an. Es produziert mehr von den guten Endorphinen, es schüttet Adrenalin zu noch mehr Action aus, es reagiert mit Dopaminen… alles, was gut ist, kommt zusammen, wenn, ja wenn du dich freust.

Und dann lass dich überraschen!

Wenn du dann später deine Finger wieder löst, spürst du neben der Befreiung noch etwas. Und Achtung: das ist dein ganz besonderes Geschenk! Du spürst, dass du Neues gelernt hast und dabei das bisherige auf bewusste Art verstärken konntest. Genau das passiert jetzt in deinem Gehirn. Und die Folge ist, dass dir so Manches leichter fallen wird und vor allem schneller von der Hand geht.

Und die Nebenwirkung, dass du jetzt etwas mehr Geschicklichkeit hast, ist auch nicht zu verachten.

Fazit: nimm dir vorübergehend etwas weg und du wirst von deinem Gehirn reich beschenkt!

Teste es und schreib mir, wenn du Lust hast, wie deine Erfahrungen damit sind.

Viel Freude und viel Erfolg wünsche ich dir,

Petra

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